Alberto Stival: «Ich habe mich immer als Brückenbauer gesehen»
Der neugewählte pr suisse-Präsident Alberto Stival erklärt im Interview, was ihn an der neuen Aufgabe als Präsident reizt, wo er die Herausforderungen der nächsten Jahre sieht und wohin die Branche steuert.
Die Generalversammlung von pr suisse hat Alberto Stival gestern Abend zum neuen Präsidenten des Schweizer Berufsverband der PR- und Kommunikationsprofis gewählt. Stival ist seit einem Jahr Präsident der Tessiner Regionalgesellschaft STRP und war davor bereits seit 2013 deren Vizepräsident. Der 46-jährige ist Inhaber einer Beratungsfirma und Senior Advisor für die Bildungsentwicklung bei SwissBanking sowie Direktor PR & Communication bei Swiss Sustainable Finance.
Im Interview erklärt Alberto Stival, was ihn an der neuen Aufgabe als Präsident von pr suisse reizt, wo er die Herausforderungen der nächsten Jahre sieht und wohin die Branche steuert.
Sie sind gestern Abend zum neuen Präsidenten von pr suisse gewählt worden, herzliche Gratulation. Was hat Sie dazu bewegt, für das Präsidium zu kandidieren?
Als Erstes möchte ich mich herzlichst bei meinen Kolleginnen und Kollegen des Zentralvorstands und bei allen Mitgliedern des Verbands für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken. Ein spezielles Dankeschön geht auch an Christian Wick, der ad Interim die Verbandsleitung während einem Jahr übernommen hatte. Schliesslich möchte ich auch Judith Lauber danken, sie hatte den Verband bis im Mai letzten Jahres präsidiert.
Ich selbst, bin nun seit fast zwanzig Jahren Mitglied des Verbands. Ich war sechs Jahre lang im Vorstand der Tessiner Regionalgesellschaft und letztlich auch dessen Präsident. Es ist für mich, der ursprünglich aus der Deutschschweiz kommt, in der Romandie studiert hat und nun im Tessin lebt, eine Ehre, den Verband schweizweit leiten zu dürfen. Aktuell sind Themen wie Weiterbildung und die Zertifizierung der Kommunikationsberaterinnen- und berater weit oben in der Agenda von pr suisse. Ich kenne beide Themen beruflich sehr gut, was unter anderem auch einer der Beweggründe für meine Kandidatur war. Ich will meinen Enthusiasmus und mein Know-how zur Verfügung stellen, um den Verband weiter in die Zukunft zu führen.
Wo sehen Sie die Herausforderungen für den Verband und wie wollen Sie diese angehen?
Unser Verband ist fast siebzig, hat aber das Rentenalter noch lange nicht erreicht - im Gegenteil! Professionelle Kommunikation und PR sind in allen Bereichen unserer Gesellschaft und Wirtschaft wichtiger denn je, aber entsprechend gross sind auch die Herausforderungen. Ich erwähne hier, um nur ein Beispiel zu nennen, die grossen Chancen, aber auch Risiken, von Social Media. Public Relations kann erlernt werden, diesbezüglich bietet die schweizerische Bildungslandschaft grossartige Möglichkeiten, aber für mich hat dieser Beruf auch viel mit der persönlichen Einstellung zu tun. Es braucht das richtige «Mindset». Man muss Freude an den Beziehungen zu den Stakeholdern haben, strategische Zusammenhänge erkennen, bereit sein, hart hinter den Kulissen zu arbeiten, um so positive Brücken schlagen zu können. Und das auch dann, wenn am Ende vielleicht andere dafür die öffentlichen Lorbeeren erhalten. Ich habe mich immer als Brückenbauer gesehen, als «opportunity maker», das möchte ich auch für pr suisse sein.
Ein weiterer Punkt liegt mir sehr am Herzen: Ethik und Fairness im Business. Oft werden wir als Branchenvertreter diesbezüglich kritisiert, aber ich bin überzeugt, dass PR-Profis langfristig nur erfolgreich sein können, wenn sie sich nachhaltig verhalten. «Lügen haben kurze Beine», hat man uns schon als kleine Kinder gelehrt. Und das hat für mich immer noch seine Gültigkeit.
pr suisse-Präsident Alberto Stival: «Teamgeist und gegenseitige Unterstützung sind für mich als ehemaliger Rugby-Spieler wahre Werte, die tagtäglich gelebt werden müssen.»
Wie andere Verbände kämpft auch pr suisse mit gewissen Nachwuchsproblemen. Wie wollen Sie den Verband bzw. die regionalen PR-Gesellschaften auch bei jüngeren Kommunikations- und PR-Experten wieder vermehrt ins Gespräch bringen
Das stimmt, Verbände sind generell unter Druck und die Anzahl der Mitglieder ist rückläufig. Da gibt es vermutlich nur einen Weg - wir müssen alles daransetzen, dass es sich auch für junge Mitarbeiter der Branche lohnt, am Verbandsleben teilzunehmen. Wir müssen unseren echten Mehrwert noch stärker kommunizieren und visualisieren. Die Regionalgesellschaften übernehmen diesbezüglich eine zentrale Rolle, denn dort spielt sich das Vereinsleben ab. Als Präsident von pr suisse möchte ich daher die regionalen Präsidenten bei dieser Arbeit unterstützen und das jetzt schon sehr gute Zusammenspiel auf ein noch höheres Niveau hieven. Teamgeist und gegenseitige Unterstützung sind für mich als ehemaliger Rugby-Spieler wahre Werte, die tagtäglich gelebt werden müssen. Das möchte ich auch im Verband vor - und weiterleben.
Hand aufs Herz: Wie geht es der Schweizer PR- und Kommunikationsbranche? Und was hat die Corona-Krise für einen Einfluss?
Ich denke wir müssen immer das positive suchen, in jeder Situation. Das chinesische Schriftzeichen für Krise enthält zwei Silben, die einzeln gelesen die Worte «Gefahr» und «Chance» bedeuten - ich finde das faszinierend. «Eine Krise ist der grösste Segen, der einer Person oder einem Land passieren kann, denn sie bringt immer Fortschritt» soll Einstein gesagt haben. Wir müssen aber Menschen und Unternehmen, welche wie jetzt, während der Corona-Pandemie, in Schwierigkeiten sind, sehr ernst nehmen. Gerade in einer solcher Situation zeigt sich jedoch wieder, wie wichtig und wertvoll die Kompetenzen guter PR-Profis sind. Solche Experten sind gefragter als je zuvor, denn eine korrekte und auch empathische Information ist bei einer Pandemiesituation extrem wichtig.
Und wo sehen Sie die Branche in zehn Jahren?
Ich komme aus der Finanzwelt. Dort sind aktuell die Kernbegriffe der Zukunft Digitalisierung/Finanztechnologie und Nachhaltigkeit. Technologische Entwicklungen werden auch unsere Branche mitbeeinflussen. Wir sollten davon selektiv profitieren und diese in unsere Kommunikationsmöglichkeiten integrieren. Weitere interessante und wichtige Zukunftsthemen sind die soziale Verantwortung der Unternehmen, der Klimawandel sowie wirtschaftlich integrierter Umweltschutz. All das sind wunderbare Chancen, wo sich PR-Profis mit ihren Kompetenzen positionieren können. Nachhaltigkeitsberichte von Gesellschaften sind diesbezüglich nur ein gutes Beispiel, denn jedes Unternehmen, das einen Kulturwandel vorantreiben will, braucht die nötige Unterstützung von qualifizierten und erfahrenen Kommunikationsexperten – egal, ob intern oder extern. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es unserer Branche in zehn Jahren gut gehen wird. Dies aber natürlich nur, wenn wir uns den Herausforderungen stellen und fähig sind, unseren Mehrwert aufzuzeigen.
(Interview: Tom Brühwiler)